09_es grosse destament de xazzln 1-11  -  06:29

Erwin Leder: Rezitation

Heinz Jiras: Akkordeon

 
es grosse destament de xazzln 1-11 Das Große Testament, die Absätze 1 - 11

1
dreissk joa bin i oed
und scho gibt s in da wöd
ned a r anzex losta
fon den wos i ned
bis zun auschbeim foi waa.

i bin ned gaunz bled
owa r aa ka schenii -
owa mata und qoe
how e gnua schon midgmocht.
(des olas hod ma
da thibaut d´aussigny
zuagschanzt, dea bücha!)
fon mia r aus sol a
denan leid auf da gossn
sein heulechn seng gem,
mia r owa hod a
apsolut kan beföö z reim,
i ken eam ned au.... 

1
Dreissig Jahr bin ich alt,
und schon gibt ´s in der Welt
nicht ein einziges Laster
von dem ich nicht
bis zum erbrechen voll wäre.

Ich bin nicht ganz dumm,
aber auch kein Genie -
aber Marter und Qual
hab´ ich genug schon erfahren.
(Das alles hat mir
der Thibaut d´Aussigny
angetan, der Schurke!)
Von mir aus soll er
dem Volk auf der Straße
seinen heiligen Segen spenden,
mir aber hat er
gar nichts zu befehlen,
ich erkenn´ ihn nicht an...

2
ea is ned mei hea
und a ned mei bischoff,
i schdee auf sei gnod
auf keinen foe au.
reschbegt und farerung
(so wia r a se s fuaschdöd)
bin ii eam ned schuidech -
i bin ned sei schane,
sei foixauma hund!
i sog eich s, dea hoid mi
med schimplade bresln
und muffign wossa
an suma laung gfiadad
und denk i aun des,
drad s ma heit no en mong um!
drum soi unsa herrgot
des gleiche eam zrukzoen
auf höla und pfenech.
2
Er ist weder mein Herr
noch ist er mein Bischof,
ich bedarf seiner Gnade
auf gar keinen Fall!
Respekt und Verehrung
(so wie er sich ´s vorstellt)
bin ich ihm nicht schuldig -
ich bin nicht sein Diener,
sein folgsamer Hund!
Ich sag´ euch, der hat mich
mit schimmligen Krumen
und muffigem Wasser
einen Sommer lang gefüttert,
und denk´ ich an das
hebt ´s mir heut´ noch den Magen.
Deshalb soll unser Herrgott
das Gleiche ihm heimzahlen
auf Heller und Pfennig´. 
3
soit jezt ana mana,
i bin a farleimda,
daun sog e gaunz ruich:
wea r a sowos se dengt,
dea r is sauwa r en iatum -
fon ausrichtn bin i
wassgot wia r entfeand!
des eaxte, wos i
iwa r eam eich song dua,
is goa ned füü mea
oes das a ma s wintsch,
das eam unsa herrgot
do dromad in himö
aun leib und aun söö
genau so bamheazzech
wia r ea zu mia woa
auf ewech soi sei...
3
Sollte jetzt einer meinen,
ich sei ein Verleumder,
so sag´ ich ganz ruhig:
wer so etwas denkt sich
ist gewaltig im Irrtum.
Von Nachrede, übler, bin
weiß Gott ich entfernt.
Das Ärgste, was ich  
über ihn euch sage,
ist gar nicht viel mehr,
als dass ich mir wünsche,
dass ihm unser Herrgott
da oben im Himmel
an Leib und an Seele
genauso barmherzig, 
wie er zu mir war, 
auf ewig soll sein.
4
grauslech und grob
hod ea mi kaniföd
(an brenhassn suma),
so scheisslech und schiach
das s kaum zun dazön is.
i bit di, herr jesus,
zol eam des do zruk
en da gleichn wearung!
wäul owa de kiachn
seit jehea scho auschoft,
de mentschn soin betn
fia schlechtastn feind,
so sog i ma hoed:
i hob unrecht, i schaum me -
wos ea mia r dau hod,
i wüü eam nix xogt haum...
da herrgot hot z richtn.
4
Grausam und grob
hat er mich gepeinigt
(einen brennheißen Sommer)
so scheußlich, so häßlich, 
dass es kaum zu erzählen ist.
Ich bitt´ Dich, Herr Jesus,
vergelte ihm das doch
in derselben Währung!
Da aber die Kirche
seit jeher gebietet
die Menschen soll´n beten
für den bösesten Feind,
so sag´ ich mir halt:
ich hab´ unrecht, ich schäm´ mich -
was er mir auch antat,
ich will ihm nichts nachsagen...
Der Herrgott soll richten.
5
jo, bei dar söö fon
mein freind jehan cotart!
i bet fia den hund
(ob s a s glaubt s oda ned).
owa wia?? frog i mii...
i wia s auswendech duan,
wäu zun lesn, wist s ee,
woa r e ima scho z fäu.
i wia betn fia r eam
so wia s dromat en flandan
en picart seine leit duan!
und wea des ned gnseit,
wos i do damid man,
dea soi auffe noch lille
oda glei noch douai gee.
ea soi ma s nua glaum
befua das s scho z schbed is...
5
Ja, bei der Seele
meines Freundes Jehan Cotart!
Ich bet´ für den Hund,
(ob ihr ´s glaubt oder nicht).
Aber wie?? Frag´ ich mich...
Ich werd ´s auswendig tun,
denn zum lesen, Ihr wisst ja,
war ich immer schon zu faul.
Ich werd´ für ihn beten
wie ´s oben in Flandern
die Leut´ von Picard tun!
Und wer nicht begreift,
was ich damit meine,
soll hinauf nur nach Lille
oder gleich nach Douai gehen.
Er kann mir ´s ruhig glauben,
bevor ´s vielleicht zu spät ist.
6
soit ea owa drozzdem
a lautes gebet woin,
so kaun a (i schwear eam s
bein eiganan daufschein!)
fon mia r aus sein wün haum
(nua song sol a s nimaund).
i kaun one weitres
in bsoemenbuach nochschlong
(s is weda r in saffian
noch in koepsleda buntn),
do drin schded a xazzl,
a gaunz a besondress,
des simte: DEUS LAUDEM,
i sog eich s, des bassad!
6
Sollt´ er aber trotzdem
ein lautes gebet wollen,
so kann er (ich schwör ´s ihm
beim eigenen Taufschein!)
meinetwegen seinen willen haben
(nur sagen soll er ´s keinem).
Ich kann ohne weit´res
im Psalmenbuch nachschlagen
(´s ist weder in Saffian
noch in Kalbshaut gebunden)
da drin steht ein Absatz,
ein ganz ein besond´rer,
der siebente: DEUS LAUDEM,
ich sag´ euch, der passte!
7
waun i owa daun
zun herrgot sein so bet
(zu eam how e bet
in meina fazweiflung
um hüfe und beischdaund),
daun soi des gebet
aa r alanech fia eam sei,
den eam schded mei söö
und mei keapa zua,
nua ea hod me ima
fua n deifö sein zuagrif
bewoad und beschüzt.
drum güt eam mein lob
und da himömuta,
und en LUDWIK dazua,
unsan guadn kenech,
en herrn fon fraunkreich
7
Wenn ich aber dann
zu Gottes Sohn bete
(zu ihm betete ich
in meiner Verzweiflung
um Hilfe und Beistand),
dann soll dieses Gebet
auch allein für ihn sein,
denn ihm steht meine Seele
zu und meine Körper,
nur Er hat mich immer
vor´m Zugriff des Teufels
bewahrt und beschützt.
Drum gilt ihm mein Lob
und der himmlischen Mutter,
und LUDWIG zudem,
unser´m guten König,
dem Herrn von Frankreich!
8
am famüliennochwuxx
wia da biblesche jakob
soi da herrgot eam schenkn,
und en salomon sein rum
und sei dopöde gscheidheid.
wos dopfakeid aunlaungd,
brauchd kana se um z schaun,
dafau hod a söwa
seit ee und jee gnua.
owa r öta sol a wean
ois da r oide medusalem,
so das auf da wöd
fon an end zun aundan
sei nauman an jedn
en gedechtniss bleibd.
8
Einen Familiennachwuchs
wie dem biblischen Jakob
soll der Herrgott ihm schenken,
und Salomons Ruhm
und doppelte Weisheit.
Was Tapferkeit angeht,
braucht sich keiner zu kümmern,
davon hat er selbst
seit jeher genug.
Doch älter soll er werden
als der alte Methusalem,
sodass auf der Welt
von einem End´ zum andern
sein Name jedermann
im Gedächtnis bleibt.
9
und aussadem soi no
zwölf büdschene kinda
da herrgot eam schenkn,
und zwoa lauta buama
(und ole beinaund
wia da koal da grosse,
und aussadem gütech
wia da sangt marzial!),
met da r eiganan frau
in eiganan bet gmocht.
das alanech wintsch i
(und kaa r aundas malea)
unsan friian dauphin.
zu guada lezt owa,
weu olas sei end hod,
a blazzl en himö...
9
Und außerdem soll noch
zwölf bildschöne Kinder
der Herrgott ihm schenken,
und zwar lauter Knaben
(und alle vom Schlage
Karl des Großen,
und außerdem gütig
wie Sankt Martial!),
mit der eigenen Frau
im eigenen Bett gezeugt.
Das allein wünsch´ ich
(und kein anderes Unglück)
unserem früher´n Dauphin.
Zu guter Letzt aber,
weil alles sein End´ hat,
ein Plätzchen im Himmel.
10
wäu mia jezt zun schdeam is
mecht i meine güta
gerecht ausanaundtäun.
i mecht drum, so laung i
no foi bei faschdaund bin
(insofean ma da herrgot
iwahaupt an faliin hod,
den aundare haum ma
jo ee kan dupf beibrocht)
mei lezts destament
in zuhe fafossn,
auf unwidarufflich
und unumschdösslich.
10
Weil mir jetzt zum sterben ist,
möcht´ ich meine Güter
gerecht verteilen.
Ich möchte deshalb, solange ich
noch bei vollem verstand bin
(insofern Gott mir
überhaupt welchen verliehen hat,
denn andere haben mir
ohnehin kein bisschen beigebracht)
meinen letzten Willen
in Ruhe abfassen,
auf unwiderruflich
und unumstößlich.
11
gegem anno fiazzen
und einunsechzich,
nochdem mi da kenech
ausn keaka befreid hod.
so laung mia mei lem
auf da wöt do fagönt is
sol ea dafua daunk haum,
fia r eam wül e eischdee
so laung a r aum lem is.
den nii sol a mendsch
a guadtod fagessn.
11
Gegeben Anno vierzehn
und einundsechzig,
nachdem mich der König
aus dem Kerker befreit hat.
So lang mir mein Leben
auf der Welt hier vergönnt ist,
soll ihm dafür Dank sein,
für ihn will ich einsteh´n,
solange er lebt.
Denn nie soll ein Mensch
eine Guttat vergessen.