07_balade aus n gfengniss aun seine freind - 04:13

Erwin Leder: Rezitation

Heinz Jiras: Atemgeräusche am Akkordeon

 

balade aus n gfengniss aun seine freind Ballade aus dem Gefängnis an seine Freunde

hobts mitleid, hobts mitleid mit mia,
höfts wenextns es, meine freind,
i schdek en an luftlosn loch
bei wossa und brod one bet.
i bin in des ölend fadaumt
fon schiksoe und unsan liam got,
dea zuaschaud und nix dageng duad.
drum, maln und buam, frog i eich
und eich, es jungan schdudentn,
eich denzza und eich akrobatn,
eich pfäugschwindn haxnhochschmeissa,
eich schbeenodldinan schbringinkaln
met de gloknsüwanan schdimman -
woits es wiaklech den oamen villon
farfäun in sein gfengnis do lossn? 

Habt Mitleid, habt Mitleid mit mir,
helft wenigstens ihr, meine Freunde,
ich stecke in einem luftlosen Loch
bei Wasser und Brot, ohne Bett.
Ich bin in dieses elend verdammt
vom Schicksal und uns´rem lieben Gott,
der zusieht und nichts dagegen tut.
Darum, Mädchen und Burschen, frag´ ich euch,
und euch, ihr jungen Studenten,
euch Tänzer und Akrobaten,
euch pfeilschnellen Beinehochwerfer,
euch Stecknadel dünnen Springinsfelde
mit den glockensilbernen Stimmen -
wollt ihr wirklich den armen Villon
verfaulen in seinem Gefängnis da lassen?

es xezzlosn buaschn, schdeds bei,
losts renna jkezt eichare schmee,
es liabm schdrawanzza, eich drugt
jo kaa gödbeidl ned, dea wos eich
bei schnöörenna schdead, i siz wia
r auf reisnegln oda auf koin,
waun s lenga noo zuawoatn dats,
daun fints es mi nua mea faregt.
es dichta und schreiwa, i was s,
waun s z schbed is, fafost s ma r an nochruf,
nua jezt dengt kaa deifö aun mi,
und i lig soo diaf in da r ead,
das ka blizz zu mia dringt und ka schduam -
woits es wiaklech den oamen villon
farfäun in sein gfengnis do lossn?

Ihr gesetzlosen Burschen, steht bei,
lasst laufen jetzt eure Ideen,
ihr lieben Vagbunden, euch drückt ja
doch kein Geldbeutel, der euch
beim schnell laufen stört, ich sitz´ wie
auf Reisszwecken oder auf Kohlen,
wenn ihr länger noch zuwartet,
findet ihr mich nur noch verreckt.
Ihr Dichter und Schreiber, ich weiß,
wenn es zu spät ist, verfasst ihr mir einen Nachruf,
bloß jetzt denkt kein Teufel an mich,
und ich liege so tief unter der Erde,
dass kein Blitz zu mir dringt und kein Sturm -
wollt ihr wirklich den armen Villon
verfaulen in seinem Gefängnis da lassen?

jo, schauds eich nua r au des faliis,
eich kaun des doch kana fawean,
auf d obrechkeid und auf s gsezz
scheists es do jo ee sowisoo,
eich is söbst da kenech egal,
es seids nua r en heagot fapflicht!
i fost do de wochn sim dog
und d zend wean ma lenga dabei
ois wia fon an rechn da schdüü,
i schwab ma des schdaahoate brod
mit drekechn wossa in t dam,
und d nokate ead is mei disch
und da sessl auf den wos i hok.
woits es wiaklech den oamen villon
farfäun in sein gfengnis do lossn?

Ja, schaut euch nur an das Verlies,
euch kann das doch niemand verwehren,
auf Obrigkeit und Gesetz
scheisst ihr ohnehin allemal,
euch ist selbst der König egal,
ihr seid nur dem Herrgott verpflichtet!
Ich faste hier sieben Tage die Woche
und die Zähne werden mir länger dabei
als von einem Rechen der Stiel,
ich spül´ mir das steinharte Brot
mit dreckigem Wasser ins Gedärm,
und die nackte Erde ist mein Tisch
und der Sessel, auf dem ich hocke.
Wollt ihr wirklich den armen Villon
verfaulen in seinem Gefängnis da lassen?

es masdadiab fon gaunz baris,
es hawara, losts mi nua jezt
net so draurech fakuma, faschofts
begnodigung mia mid n kenech
sein eiganan sigl und ziagts
mi hoch med an kuab aus dea gruft.
so mochts as do ned wia de sei
bei de, waun a r anzönes qischt,
glei s gaunze rudl in d blia ged.
woits es wiaklech den oamen villon
farfäun in sein gfengnis do lossn?

Ihr Meisterdiebe von ganz Paris,
ihr Kumpel, lasst mich nur jetzt
nicht so traurig verkommen, verschafft
Begnadigung mir mit des Königs
eigenem Siegel und zieht
mich hoch mit einem Korb aus der Gruft.
So macht es doch nicht wie die Säue,
bei denen, wenn ein einziges quiekt,
sofort das ganze Rudel flieht.
Wollt ihr wirklich den armen Villon
verfaulen in seinem Gefängnis da lassen?